Geschichte der Kirche in Bösensell

Der alteName „Basinseli“ geht auf einen Besiedlungszeitraum in sächsischer Zeit vom 6. bis 8. Jahrhundert zurück. Es bestanden mehrere kleine Hofgruppen mit gemeinsamen Siedlungsnamen. Für das Kirchspiel namengebend war der Hof Schulze Bösensell am Helmerbach, der im ältesten Urbar der Abtei Werden an der Ruhr um 890 erwähnt wird. Der Hof war im 13. und 14. Jahrhundert Stammsitz der Adelsfamilie von Bösensell. Die alte Schreibweise „Bosensele“ bedeutet Grundherrlichkeit des Boso. Die Endung „sele“ (Sielenzeug, Pferdegeschirr) verweist auf die landwirtschaftliche Grundlage des Rittergeschlechts. Der Hof war Verwaltungsmittelpunkt eines bedeutenden Hofverbandes von 29 Höfen in den Kirchspielen Bösensell, Nottuln, Buldern und Lüdinghausen. Ein Nachfahre der Familie, Diakon Boso, schenkte die Güter dem Dom  in Münster. Seit dem 14. Jahrhundert besaß der Hof die Funktion eines Amtshofes des Domkapitels.

Gründungsjahr

Ein genaues Gründungsjahr der Bösenseller Pfarrei ist nicht überliefert. Das Patrozinium St.Johannes des Täufers  deutet auf die Jahre kurz nach 1032. Das älteste schriftliche Zeugnis ist ein Protokoll  über die Visitation des Archidiakons  im Jahr  1148. Diese Urkunde benennt die damals bereits bestehende Pfarrgemeinde „Bozenzel“.

Kirchengebäude

Das Kirchengebäude wurde in Nachbarschaft  zum Hof des Domkapitels errichtet. Das älteste Bauwerk ist der mittelalterliche Westturm aus Baumberger Sandstein. Auf annähernd quadratischem Grundriss wurde er über mehrere Geschosse  fensterlos wie ein Wehrturm errichtet. Auf der Nordseite befindet sich ein außen vorspringender und mit einem Steinplattendach abgedeckter  Treppenturm. Das Obergeschoss mit gotischen Schallöffnungen für das Glockengeläut wurde in einer zweiten Bauphase, spätestens um das Jahr 1500 aufgesetzt. Die im Turm aufgehängte älteste Glocke wurde im Jahr 1504 von dem bekannten Glockengießer Woltre Westerhus gegossen.

Turmhelm

Der ursprüngliche Turmhelm war 50 Meter hoch, die Gesamthöhe des Bauwerks betrug 72 Meter, ein weithin sichtbares Zeichen des Glaubens. Im Jahr 1703 brach die Turmspitze bei einem orkanartigen Sturm ab. Die heute vermessene Gesamthöhe beträgt 36,20 Meter. Als der eindrucksvolle Westturm vollendet war, hatte Bösensell  400 Einwohner.

Kirchenschiff

Das alte gotische Kirchenschiff mit Kreuzrippengewölbe  bestand aus zwei Jochen mit einem polygonalen 5/8 Chor und war nur wenig breiter als der romanische Turm. Der Innenraum mit Wandmalerei  war mit einem Flügelaltar des Malers Nikolaus tom Ring ausgestattet. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde er durch einen Barockaltar ersetzt. Die Stifterfamilie von und zur Mühlen beauftragte damit den Baumeister Johann Conrad Schlaun.

Wertvollster Schmuck

Wertvollster Schmuck der Kirche war und ist noch heute ein Apostelzyklus bestehend aus zwölf fast lebensgroßen Sandsteinfiguren. Sie wurden um 1620 von dem Bildhauer Gerhard Gröninger geschaffen.

Erweiterung und Neubau der Kirche

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts war Bösensell auf 1000 Einwohner angewachsen und der nur knapp 90 m² große Kirchenraum viel zu klein geworden. Man plante einen Neubau, der aber aus Gründen des Denkmalschutzes und umfangreicher vorbereitender Baumaßnahem wie Verlegung des Friedhofs, Abriss der Vikarie und deren Neubau, Abbruch des Armenhauses, Bau einer Notkirche und Abbruch der alten Kirche lange Zeit in Anspruch nahm.

Der Architekt Prof. Ludwig Becker aus Mainz übernahm die Planung des neuen Kirchenschiffs sowie deren Ausstattung. Die neue Kirche sollte länger, breiter und höher werden und dennoch in ihren Proportionen mit dem Westturm in Einklang gebracht werden. Becker wählte ein Dach, welches Haupt- und Nebenschiffe einheitlich überspannt. Das Einschieben des angedeuteten Querschiffs und die beiden schlanken Chortürme wirken optisch verkürzend. Auf diese Weise behält der Westturm seine Dominanz. Das Außenmauerwerk wurde farblich auf den Baumberger Sandstein abgestimmt, aber in widerstandsfähigerem Bentheimer Sandstein ausgeführt. Neogotische Formen nehmen den Stil der alten Kirche wieder auf.

Im Innern erzeugen die unterschiedlichen Höhen von Haupt-, Neben-, Querschiff und Chor eine abwechslungsreiche Spannung. Die ausgewogenen Proportionen vermitteln dennoch einen harmonischen Gesamtraum. Die Jugendstil Fenster des Glasmalers Bernhard Kraus aus Mainz in warmen Farbtönen erinnern an die Farbenpracht mittelalterlicher Kirchenfenster. Themen sind das Leben des Pfarrpatrons Johannes des Täufers, des hl. Antonius und die auf die Eucharistie hinweisende Hochzeit zu Kana. Die heiligen Männer und Frauen in den Seitenschiff Fenstern wenden sich an die unterschiedlichen Lebensalter der Pfarrangehörigen.

Der Hochaltar knüpft an die Tradition gotischer Schnitzaltäre an. Die Darstellung des rechten  Flügels berichtet von der Heilung des Gelähmten in Kapharnaum zu Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu. Der linke Flügel gibt die Salbung in Bethanien kurz vor seinem Tod wider. Im überhöhten Mittelteil erscheint Christus als Weltenherrscher am Ende der Zeiten. Damit wird dem Betrachter die gesamte Heilsgeschichte vor Augen gestellt.

Drei Wochen vor Beginn des ersten Weltkriegs erfolgte die Grundsteinlegung, am 27.09.1916 konnte der Neubau eingeweiht werden.